Von imperial zu konvivial – Zusammenleben im Wandel

Die Welt steht vor großen Herausforderungen und wir mit ihr. Globalisierungsprozesse haben globale Probleme mit sich gebracht, die auch nach globalen Lösungen verlangen. Anstatt diesen Problemen durch internationale Zusammenarbeit zu begegnen, werden weltweit soziale Ungerechtigkeiten systematisch verschärft, Klimaschutz wird durch grüne Lügen hinausgezögert und Politik und Wirtschaft rotieren in einem korrupten eine-Hand-wäscht-die-andere-Lobgesang um einander und retten dabei nichts weiter als sich selbst. Ein Blick in die Vergangenheit erzählt davon, wie wir hier hingekommen sind und ein Blick in die Zukunft lädt dazu ein, gemeinsam zu alternativen Konzepten des globalen Zusammenlebens zu finden.

Christian Pfister, Historiker und Autor von „Das 1950er Syndrom“

Das billige Erdöl und der seligmachende Konsum

Der Historiker, Christian Pfister, diskutiert in seinem 1994 publizierten Essay Das 1950er Syndrom den historischen Übergang, in dem sich das Mensch-Umwelt-Verhältnis von durch Subsistenzwirtschaft und Recycling-Mentalität geprägten Lebensformen hin zu der zerstörerischen „Konsumgesellschaft“ entwickelt hat. Pfister verortet jene Epochenschwelle in dem Übergang von solaren und erneuerbaren, hin zu fossilen und mineralischen Energieformen. Kurz gesagt: die Verwendung von fossilen Energieträgern wie Kohle und Erdöl, anstatt Holz, Wind- und Wasserenergie, katapultierte die Menschheit in ein neues Zeitalter, in dem eine historische, ressourcenintensive Konsum- und Produktionsnorm den neuen Lebensstandard vorgab. Diesen Übergang zur heutigen Gesellschaft, in der Konsum zum neuen „sinnstiftenden Zentrum des Lebens“ (Pfister, 1994: S. 79) wurde, verortet der Autor in den 1950er Jahren. Der Fordismus (der die Konsumgesellschaft in Amerika bereits in den 1920er Jahren einleitete) gelangte über eine Kombination aus Wiederaufbauprogrammen nach dem Zweiten Weltkrieg, aber vor allem durch billiges Erdöl aus dem Mittleren Osten auch nach Europa. Entscheidend waren dabei die Preise des Erdöls, die relativ zu den anderen Lebenserhaltungskosten absanken. So war ein Liter Benzin 1950 (in der Schweiz) um 20% teurer als ein Kilo Brot, 1990 kostete das Brot dreimal so viel wie der Liter Benzin (Pfister, 1994: S.84). Die scheinbar unerschöpfliche Quelle an Energieträgern zu niedrigen Preisen löste einen Erdrutsch an Entwicklungen aus, die uns bis heute in eine fossile Produktions- und Konsumweise einzementieren.

Die Träger der Konsumgesellschaft – wo Licht ist, da ist auch Schatten

Ulrich Brand und Markus Wissen, Autoren von: „Imperiale Lebensweise“

Pfister reduziert die Ursachen der heutigen sozial-ökologischen Krise auf die Verfügbarkeit und Art des vorherrschenden Energieträgers. Dabei lässt er einen zentralen Punkt unerwähnt: westlicher Wohlstand basiert nicht zuletzt auf Machtverhältnissen, die auf systematischer Ausbeutung von politisch und ökonomisch schwächeren Ländern beruhen. Schon die Möglichkeit sich zu industrialisieren setzt ein Mindestmaß an wirtschaftlichem Wohlstand und politischer Stabilität, wie auch den Zugang zu Ressourcen voraus. Ebendiese Perspektive wird von Ulrich Brand und Markus Wissen in ihrem Buch Imperiale Lebensweise aufgegriffen: eine Lebensweise, „die darauf beruht, sich weltweit Natur und Arbeitskraft zu Nutze zu machen und die dabei anfallenden sozialen und ökologischen Konsequenzen zu externalisieren: in Gestalt von CO2, das bei der Herstellung von Konsumgütern für den globalen Norden emittiert und von den Ökosystemen der Südhalbkugel absorbiert wird (beziehungsweise sich in der Atmosphäre konzentriert)“ (Brand, Wissen, 2017: S. 12). Anstatt die Verantwortung für die Konsequenzen dieser Lebensweise wahrzunehmen, sind Regierungen Europas damit beschäftigt, ihre Grenzen höher zu ziehen und flüchtende Menschen aus dem globalen Süden für politische Stimmungsmache zu instrumentalisieren. Und das obwohl Voraussetzungen ihrer Flucht Produkt ebendieser Lebensweise sind: steigende Temperaturen, Konflikte um knapper werdende Ressourcen, mangelnder Zugang zu Wasser und Land, Dürren auf der einen und Überflutungen auf der anderen Seite.

Dieses globale Ungleichgewicht ist tief in unsere Alltagsstrukturen und -praxen eingelassen und reproduziert sich in unserem täglichen Leben, in unseren Infrastrukturen, unseren Wertevorstellungen, unserer Politik, in unserem kulturellen Zusammenleben und unserem kollektiven Verständnis eines guten Lebens (vgl. Brand, Wissen: S. 44). Sie ist damit „ein wesentliches Moment in der Reproduktion kapitalistischer Gesellschaften […] sie basiert auf Ungleichheit, Macht und Herrschaft, mitunter auf Gewalt und bringt diese gleichzeitig hervor“ (Brand, Wissen, 2017: S. 45).

Brand und Wissen datieren den Ursprung der imperialen Lebensweise bereits im Frühkapitalismus und in der fortschreitenden Kolonialisierung bis Ende des 18. Jahrhunderts (Brand, Wissen, 2017: S. 71). Sie war Teil von Kolonialisierungsprozessen ab dem 16. Jahrhundert, im Zuge derer gewaltsam neue Räume durch kapitalistische Landnahme erschlossen wurden (vgl. ebd. S. 74). Gold, Silber, Kaffee, Zucker oder Tabak waren Produkte großer Nachfrage in den europäischen Zentren und wurden unter dem Einsatz unfreier Arbeitskraft in lateinamerikanischen Kolonien nach Europa gebracht – die Rechtfertigung der kolonialen Ausbeutung bediente sich einem rassistischen Narrativ: die „angebliche Mission der Zivilisierung […]. Natur wurde als ‚wildgesehen und musste ‚gezähmt‘ werden“ (Brand, Wissen, 2017: S. 75).

Die imperiale Lebensweise im globalen Norden versorgte vorerst allerdings nur die oberen Gesellschaftsklassen mit Luxusgütern (vgl. Brand, Wissen, 2017: S. 80). Im Zuge des Fordismus, der hohen Produktivität nach dem Zweiten Weltkrieg und den damit höheren Profiten und Löhnen, fand die imperiale Lebensweise ihren Weg in die gesellschaftliche Mitte. Sie ermöglichte erstmals auch der ArbeiterInnenklasse materiellen Wohlstand und unaufhaltsamen Konsum. Ausgehend von den USA revolutionierte sich die Landwirtschaft zur fordistischen Agrarproduktion, welche eine Konsumnorm vorgab, die sich überwiegend an tierischen Produkten orientierte und „das globale Agrarsystem durch die notwendigen Viehweiden und den Futtermittelanbau umwälzte“ (ebd. S. 87). Ähnlich wie der Fleischkonsum zum Wohlstandsindikator hochstilisiert wurde, revolutionierte das Automobil – Schlüsselprodukt des Fordismus – das Mobilitätsverhalten und erreichbare Aktionsräume und diente zur Statusgenerierung. „Die fordistische Produktions- und Konsumnorm ist enorm ressourcen- und emissionsintensiv. Sie beansprucht die globalen Ressourcen und Senken in einem bis dahin unbekannten Ausmaß“ (Brand, Wissen, 2017: S. 90). Allein die Automobilindustrie verschlingt jeher Unmengen an Erdöl, um das neue westliche Mobilitätsverhalten zu sichern. Die neue, fossile Produktions- und Konsumnorm des Fordismus verlange nach einem „Außen, von dem die Ressourcen kommen und auf das sozial-ökologische Kosten verlagert werden können. Als wesentliches Element der Externalisierung dominierte eine not-in-my-backyard-Haltung“ (ebd. S. 91). Das fordistische Lebensmodell bedurfte der „undemokratischen Nord-Süd-Verhältnisse. […] Auf Extraktionsseite kommt es zur Kooperation zwischen kapitalistischen Staaten und Unternehmen des globalen Nordens mit konservativen Bewegungen und Regierungen des globalen Südens um den Zugang zu Erdölvorkommen und die Unterdrückung demokratischer Bestrebungen in den Ländern des globalen Südens zu ermöglichen“ (Brand, Wissen, 2017: S. 93). Nicht nur unsere intakte natürliche Umwelt ist von diesem globalen Ungleichgewicht massiv bedroht, sondern auch das friedliche menschliche Zusammenleben auf deren Boden misslingt im großen Maßstab. Wir als Weltgesellschaft benötigen Alternativkonzepte für das Zusammenleben. Konzepte, die sozial gerecht und ökologisch nachhaltig sind und die uns von den Relikten der Kolonialzeit befreien.

Das konvivialistische Manifest (Adloff & Leggewie, 2014): Die neue Kunst des Zusammenlebens

Seit der Club of Rome 1972 „Die Grenzen des Wachstums“ veröffentlichte sind knapp fünf Jahrzehnte vergangen, eine sozial gerechte und ökologisch verträgliche internationale Zusammenarbeit stagniert jedoch mindestens genauso lange. Anders als Pfister, identifizieren die Autoren des Konvivialistischen Manifests (Adloff, Leggewie, 2014) den eigennutzorientierten Menschen und den „Glauben an die selig machende Wirkung wirtschaftlichen Wachstums“ als die wesentlichen Irrglauben, die heutigen Fehlentwicklungen zugrunde liegen (vgl. ebd. S. 9). Diesen Irrglauben wird die Vision eines guten Lebens für alle entgegengestellt, eine „Suche nach realen Utopien“ (ebd. S. 28). Utopien, die sich gegen das Postulat des absoluten Vorrangs ökonomischer Probleme, wie auch gegen die Selbstverständlichkeit unerschöpflicher natürlicher Ressourcen richtet (vgl. Adloff, Leggewie, 2014: S. 53). Das Manifest bezieht sich u.a. auf Texte von Ivan Illich, Technik- und Wachstumskritiker, der in seinem Buch Selbstbegrenzung den Begriff „konvivial“ erstmals prägte (Adloff & Leggewie, 2014: S.11). Zudem baut das Konvivialistische Manifest auf anti-utilitaristischem Gedankengut (u.a. nach Alain Caillé) und auf Wachstums- und Ökonomiekritik (nach Patrick Viveret und Serge Latouche). Aber wie kann eine solche konvivialistische Forderung funktionieren, die sich gegen jede kapitalistische Logik richtet?

Prinzipien einer konvivialen Welt

Die einzige – im konvivialen Sinne legitime – Politik beschützt die gemeinsame Menschheit und Sozialität, die Individuation und beruft sich auf Konfliktbeherrschung (Adloff & Leggewie, 2014: S. 61). Das Prinzip der gemeinsamen Menschheit besagt, dass wir unabhängig von unserer Herkunft, unseres Glaubens, des Geschlechts, der sexuellen Orientierung oder des materiellen Reichtums eine Menschheit sind, die in jedem Mitglied geachtet werden muss (vgl. Adloff & Leggewie, 2014: S. 61). Als soziale Wesen besteht unser größter Reichtum in sozialen Beziehungen: das wird im Konvivialismus als Prinzip der gemeinsamen Sozialität verstanden (ebd.). Das Prinzip der Individuation spricht jedem Individuum zu, die eigene Individualität unter der Entfaltung entsprechender Fähigkeiten und in Einklang mit den Individualitätsideen anderer zu entwickeln (vgl. ebd.). Da eine solche Individualität auch mit Rivalität einhergehen kann, beruft sich eine konvivialistische Politik auf das Prinzip der Konfliktbeherrschung. „Die richtige Politik ist also diejenige, die es den Menschen ermöglicht, sich zu unterscheiden und dabei den Konflikt zu akzeptieren und zu beherrschen“ (ebd. S. 61-62).

Moralische, politische, ökologische und ökonomische Überlegungen

Diesen Prinzipien des konvivialen Zusammenlebens unterliegen moralische, ökologische, ökonomische und politische Überlegungen, die in Einigung von 40 WissenschaftlerInnen unterschiedlicher politischer Gesinnungen entstanden sind.

Moralisch kommt jedem Individuum dieselbe Würde zu, ihm werden hinreichende materielle Mittel zugänglich gemacht, „um seine Auffassungen vom guten Leben, unter Berücksichtigung der Auffassung anderer, zu verwirklichen“ (Adloff & Leggewie, 2014: S. 63). Die Anhäufung von materiellem Reichtum ist in dem Maße untersagt, in dem sie die Existenz anderer gefährdet. Um die Gleichheit aller Menschen zu wahren, ist es also jedem Individuum untersagt „im infantilen Wunsch nach Allmacht […] der Maßlosigkeit zu verfallen […] und die gemeinsame Sozialität unter dem Vorwand zu gefährden, irgendeiner höheren Art anzugehören“ (ebd.). Das Konvivialistische Manifest lehnt jede Form von Korruption ab und empfiehlt sich von Tätigkeiten zu distanzieren, durch die Macht und Geld angehäuft werden, die aber unmoralisch sind. Ein Beispiel dafür ist etwa der CDU-Politiker Gregor Golland, der mit seinem „Nebenjob“ bei einer Tochtergesellschaft des Kohlekonzerns RWE (bekannt durch die Abgrabung des Hambacher Forsts und der umliegenden Gemeinden) im Jahr 2015 zwischen 90.000 und 120.000 Euro verdiente (Ebner, 2017. Unter: abgeordnetenwatch.de). RWE kann sich dadurch sicher sein, dass seine Interessen im Parlament vertreten werden – so werden beispielsweise Gesetze verändert, um die Umsiedelungen der umliegenden Gemeinden zu erleichtern (vgl. ebd.). Derartiger fossiler Lobbyismus für eine überholte Industrie, der ganze Wälder und Dörfer weichen müssen, blockiert in Zeiten der Klimakrise und unter Beschluss des Kohleausstiegs nur die dringend notwendige Energiewende. Er zementiert uns weiter in die imperiale Lebensweise auf einem 3,5°C Planeten ein und dient lediglich der Selbstbereicherung und ist in keiner Weise solidarisch und konvivial.

„Kein Gemeinsames ist möglich, sofern wir uns nicht weigern, unser Leben und unsere Reproduktion auf dem Leid anderer zu gründen und uns als von ihnen getrennt wahrzunehmen.“ – Silvia Federici, Philosophin und Aktivistin

Eine konviviale Politik hat zur obersten Priorität die gemeinsame Menschheit und Sozialität zu schützen. Staaten garantieren ihren ärmsten Mitgliedern ein Minimum an Ressourcen (Mindesteinkommen) und führen ein Höchsteinkommen ein, damit sich niemand über das Prinzip der gemeinsamen Menschheit und Sozialität emporhebt oder den Mitmenschen Entwicklungsmöglichkeiten nimmt. Der Staat und der Markt sorgen für die Vermehrung gemeinsamer und solidarischer Tätigkeiten, in denen Selbstverwaltung und zivilgesellschaftliches Engagement wieder ihren Platz finden. Sie nutzen die vielfältigen Mittel der Digitalisierung als Werkzeug der Demokratisierung der Gesellschaft (vgl. Adloff & Leggewie, 2014: S. 66).

Ökologische Überlegungen fordern, dass sich der Mensch als Teil der Natur versteht und nicht länger als ihr überlegen und zur Ausbeutung berufen (vgl. ebd. S. 67). Man müsse zu einer Beziehung von „Gabe und Gegengabe mit ihr zurückfinden“, welche ökologische Grenzen achtet und den gerechten Umgang mit den Ressourcen fördert (ebd.). Von den Ländern, die seit Jahrhunderten der Natur am meisten entnommen haben, sei mehr ökologische Anstrengung zu erwarten als von den Ländern, die erst damit anfangen. Den Wohlhabendsten obliegt demnach die Aufgabe, die Naturentnahmen im Vergleich zu den Standards der 1970er Jahre regelmäßig zu senken (vgl. Adloff & Leggewie, 2014: S. 68). Zentral ist zudem der Kampf gegen Raubbau, die Senkung des CO2-Ausstoßes, die Nutzung erneuerbarer Energien anstatt fossiler und atomarer wie auch die Re-Humanisierung des Mensch-Tier-Verhältnisses, nicht zuletzt damit „Tiere […] nicht länger als Industriematerial betrachtet werden[…]“ (ebd.). Es gibt bereits Initiativen, die Konvivialismus schon heute als Handlungsauftrag aufgefasst haben. Das sind beispielsweise Suchmaschinen die Bäume pflanzen oder Firmen, die Elektrogeräte mit Produktionsfehler reparieren und günstiger verkaufen um einerseits den Elektro-Schrott auf der Südhalbkugel und andererseits den Abbau stark umkämpfter Metalle, wie Cobalt, zu reduzieren (oder zumindest zu kontrollieren).

Ökonomisch muss die Idee von einem guten Leben von dem Wunsch nach materiellem Wachstum entkoppelt werden und es müssen „alle nur möglichen Formen eines Wohlstands ohne Wachstum“ erforscht werden (Adloff & Leggewie, 2014: S. 68). Konvivialismus fordert eine pluralistische (eine vielfältige) Ökonomie und damit ein Gleichgewicht aus Markt, öffentlichem Sektor und einer Ökonomie sozialen oder solidarischen Charakters (vgl. ebd. S. 68-69). Ökonomische Wertschöpfung ist legitim, solange sie im Einklang mit den ökologischen Überlegungen steht und die Postulate der gemeinsamen Menschheit und Sozialität respektiert (ebd. S. 69). Die kapitalistische Maßlosigkeit soll durch eine Entkoppelung der Realwirtschaft von der Finanzwirtschaft beendet werden (ebd.). „Banktätigkeit und die Finanz- wie die Rohstoffmärkte [sollen] streng reguliert […] und den Steuerparadiesen ein Ende gesetzt [werden]“ (Adloff & Leggewie, 2014: S. 69). So sollen Reichtümer jenseits des monetären und materiellen Verständnisses geschaffen werden, die mit einer Form der Unentgeltlichkeit, Solidarität, Kreativität und den Beziehungen zueinander an Wert generieren (vgl. ebd. S. 70).

Der Weg zu einer konvivialen Weltgesellschaft ist bei weitem nicht geebnet und wird in den kommenden Jahrzehnten einiges an Zusammenarbeit der Nationen abverlangen. Im Moment wird Konvivialität nicht zuletzt von jenen blockiert, die klare Gewinner der globalen Ausbeutungsverhältnisse sind. Das sind beispielsweise große internationale Konzerne, deren Produktion die imperiale Lebensweise aufrechterhält und die – befreit von der Steuerpflicht – unsagbaren Reichtum anhäufen, der ihnen wiederum diese Position in der Gesellschaft (oder außerhalb von ihr) und Entscheidungsmacht über sie sichert. Dennoch erstarken durch die festgefahrenen Strukturen, die wir seit der Kolonialzeit mit uns mitschleppen, nach und nach konviviale Bewegungen, die das Blatt in einer zivilgesellschaftlichen Wucht wenden können. Es sind die ehrenamtlichen, unentgeltlichen, solidarischen Projekte, denen sich viele von uns bereits leidenschaftlich verschrieben haben. Es sind die Verteidigung der Menschenrechte und benachteiligter Minderheiten, auf Solidarität gegründete Landwirtschaft, Produktions- und Verbrauchergenossenschaften, lokale Tauschsysteme, Umweltschutz, alle möglichen Formen des freiwilligen Maßhaltens und der Selbstbegrenzung. Es sind die „Formen zu leben, zu produzieren, zu spielen, zu lieben, zu denken und zu lehren. Auf konviviale Weise“ (Adloff & Leggewie, 2014: S. 73).

Von Olivia Leth

Illustrationen: Katharina Höppel und Olivia Leth

Quellen:

Pfister, C. (1994): Das 1950er Syndrom. In: GAIA 3, No 2, S. 71-88

Brand, U. & Wissen, M. (2017): Imperiale Lebensweise: zur Ausbeutung von Mensch und Natur im globalen Kapitalismus. oekom Verlag München. S. 12-93

Adloff, F. & Leggewie, C. (2014): Das konvivialistische Manifest – die neue Kunst des Zusammenlebens. transkript Verlag Bielefeld. S. 9-73

Ebner, R. (2017): Kohle für Kohle: RWE und der Interessenskonflikt eines Abgeordneten. unter: http://www.abgeordnetenwatch.de URL: https://www.abgeordnetenwatch.de/blog/nebentaetigkeiten/kohle-fuer-kohle-rwe-und-der-interessenkonflikt-eines-abgeordneten (abgerufen zuletzt am 18.11.2020)

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